Was Ist Der Zirkadiane Rhythmus und Warum Haben Wir Einen

Was Ist Der Zirkadiane Rhythmus und Warum Haben Wir Einen

Was Ist Der Zirkadiane Rhythmus und Warum Haben Wir Einen

Dein zirkadianer Rhythmus reguliert alle Aspekte Deines Lebens. Und das gilt nicht nur für Dich, sondern für praktisch alle lebenden Organismen auf der Welt. Schauen wir uns an, was Dein zirkadianer Rhythmus ist und warum Du überhaupt einen hast.

Was ist der zirkadiane Rhythmus? Der zirkadiane Rhythmus ist der natürliche, innere Rhythmus, den Dein Körper jeden Tag durchläuft. Er kontrolliert und optimiert alle Deine Körperfunktionen und weist jeder einen bestimmten Zeitrahmen zu. Dein zirkadianer Rhythmus ist nicht genau 24 Stunden lang und kommt aus dem Lateinischen „circa“ (etwa) und „dies“ (Tag).

Warum haben wir einen zirkadianen Rhythmus? Du hast einen zirkadianen Rhythmus, weil Dein Körper nicht alles, was er tun muss, zur gleichen Zeit ausführen kann. Er optimiert das Timing all Deiner täglichen Körperfunktionen. Und das ist seit jeher ein evolutionärer Vorteil. Folglich geht es Dir am besten, wenn Du im Einklang mit Deinem zirkadianen Rhythmus lebst.

Lies weiter, um ein vollständiges Bild davon zu bekommen:

  • Was Dein zirkadianer Rhythmus ist und woher er kommt
  • Warum es für Dich ein evolutionärer Vorteil ist, einen zirkadianen Rhythmus zu haben
  • Wie der zirkadiane Rhythmus entdeckt wurde
  • Welche äußeren Faktoren Deinen zirkadianen Rhythmus beeinflussen
  • Was es für Dich bedeutet, mit oder gegen Deinen zirkadianen Rhythmus zu leben
  • Was meine persönlichen Erfahrungen und die wichtigsten Erkenntnisse sind

Eines kann ich Dir jetzt schon sagen: Dein zirkadianer Rhythmus hat einen größeren Einfluss auf Dich, als Du es Dir vorstellen kannst. Auf jeden einzelnen Teil Deines Lebens. Aber eins nach dem anderen.

Evolutionäre Vorteile

Wie evolutionäre Vorteile zur Entwicklung des zirkadianen Rhythmus führten

Um Dir die Bedeutung Deines zirkadianen Rhythmus vor Augen zu führen, denke kurz über ein Leben im Freien in der Natur nach. Keine Häuser, keine Elektrizität, kein Licht, kein Nichts. Nur Du und die Natur. Was würde Dir helfen, zu überleben? Wie wäre es mit einem Körper, der gut an Deine Umgebung angepasst ist?

Und ganz gleich, ob Deine Umgebung kalt oder warm, dunkel oder hell, nass oder trocken ist – eines ist immer wahr: Deine Umgebung ändert sich regelmäßig und zyklisch. Und das Schöne daran ist, dass sie es Dir erlaubt, Deine Zukunft vorherzusagen! Ok, vielleicht ist das ein bisschen zu viel versprochen. Aber zumindest kannst Du die zyklischen Eigenschaften Deiner Umwelt vorhersagen und dich an diese anpassen – zumindest das kann ich versprechen!

Kurz gesagt, wir haben einen zirkadianen Rhythmus, weil wir in einer Umgebung leben, die sich zyklisch und vorhersehbar verändert.

Was sind also diese vorhersehbaren und zyklischen Umgebungen in der Natur? Freut mich, dass Du Dich das fragst, hier sind sie:

  • Der Gezeitenzyklus von 12,5 Stunden
  • Der tägliche (zirkadiane) Zyklus von 24 Stunden
  • Der Mondzyklus von 29,5 Tagen
  • Der Jahreszyklus von 365,25 Tagen

Lass uns ein wenig egoistisch sein und ab jetzt nur noch auf den täglichen (zirkadianen) Zyklus schauen. Und warum? Weil er der einzige ist, der uns beeinflusst. Und wie versprochen, kannst Du die Zukunft des Tageszyklus vorhersagen: Er geht von Tag zu Nacht und beginnt dann wieder von vorne. Und damit einher gehen auch vorhersehbare Umweltveränderungen.

Wenn Du weißt, was passieren wird, dann kannst Du dich darauf vorbereiten. Stell Dir vor, dass Du die nächsten Stunden draußen bist. Und Du weißt, dass es regnen wird. Würdest Du dich auf den Regen vorbereiten? Natürlich würdest Du das tun. Aber was wäre, wenn Du wüsstest, dass die Wettervorhersage falsch ist und stattdessen die Sonnen scheint? Dann würdest Du dich auch darauf vorbereiten. Aber anders, oder?

Das gleiche gilt für Deinen Körper im Laufe eines Tages. Es gibt konstante und vorhersehbare Veränderungen in Deiner Umgebung, von der Dämmerung bis zum Morgengrauen und wieder zurück. Und die Evolution hat diese zur Kenntnis genommen: Im Laufe eines jeden Tages bereitet sich Dein Körper auf eine sich zyklisch verändernde Umgebung vor. Denn er weiß ein paar Dinge, die als nächstes passieren werden.

Aber glaube nicht nur meinem Wort. Lass Dich lieber von Till Roenneberg, einem derbekanntesten Chronobiologen (die, die sich mit zirkadianen Rhythmen befasst), überzeugen:​1​

„Wenn Organismen einer sich regelmäßig verändernden Umwelt ausgesetzt sind, ist es für sie von Vorteil, sich an diese zeitlichen Strukturen anzupassen, auf die regelmäßigen Veränderungen vorbereitet zu sein und sie zu antizipieren. […] Die Vorhersagekraft innerhalb der zeitlichen Strukturen ist ein Vorteil, der die Evolution der biologischen Uhren vorantrieb“

Till Roenneberg

Wenn Du wissen willst, wie spät es ist, um Dich auf den nächsten Tagesordnungspunkt vorzubereiten, kannst Du auf jede beliebige Uhr schauen. Aber Dein Körper hat diesen Luxus nicht. Deshalb hat er im Laufe der Evolution Deine innere biologische Uhr entwickelt. Und mit Deiner biologischen Uhr kann Dein Körper die (interne) Tageszeit überprüfen, um sich auf Deinen nächsten Tagesordnungspunkt vorzubereiten.

Durch Deine biologische Uhr bildet Dein Körper seine innere Zeit ab. Und durch seine innere Zeit entwickelt Dein Körper einen täglichen Rhythmus. Dieser Tagesrhythmus Deines Körpers ist jedoch nicht genau, sondern nur etwa vierundzwanzig Stunden lang. Um dies zu beschreiben, prägte Franz Halberg 1959 den Begriff „circadian“.​2​ Circadian ist vom lateinischen circa (etwa) und dies (Tag) abgeleitet.

Kurz gesagt, der Tagesrhythmus Deines Körpers ist ein etwa vierundzwanzig-Stunden Rhythmus, der als zirkadianer Rhythmus bezeichnet wird. Aber wie sind wir dazu gekommen?

Erste Entdeckung

Wie wurde der zirkadiane Rhythmus erstmals entdeckt

Die Fähigkeit, sich an die Umwelt anzupassen, war von Anfang an ein evolutionärer Vorteil. Deshalb sind biologische Uhren und zirkadiane Rhythmen in praktisch jedem Organismus vorhanden: in uns und anderen Säugetieren und Tieren, zu Pflanzen und bis hin zu den Organismen, die nur als eine einzige Zelle existieren.​3​ (Eine Ausnahme bilden diejenigen Organismen, die an Orten leben, die die Sonne nicht erreicht, wie etwa in der Tiefsee oder in Höhlen.)

Schauen wir uns den ersten großen Sprung an, der zur Entdeckung des zirkadianen Rhythmus führte. Was war der Auslöser für diese monumentale Entdeckung? Eine Pflanze. Genauer gesagt, die Mimosenpflanze.

1729 bemerkte der Astronom Jean-Jacques de Mairan​4​ einen Tagesrhythmus in seiner Mimosenpflanze. Während seiner Astronomiestudien beobachtete er, dass die Blätter seiner Pflanze der Sonne folgten. Und dann fragte er sich, ob dieser Rhythmus auch in der Dunkelheit weitergehen würde. Also schirmte er als nächstes seine Pflanze vor dem äußeren Einfluss der Sonne ab und stellte sie in ständige Dunkelheit.

Und wie sich herausstellt, setzt die Mimosenpflanze ihren täglichen Rhythmus des Öffnens und Schließens der Blätter fort. In der Dunkelheit, ohne die Sonne als äußeren Einfluss. Wegen ihrer inneren Uhr und ihrem zirkadianer Rhythmus.

Dies war das erste Mal, dass ein Experiment aufgezeichnet wurde, das einen zirkadianen Rhythmus demonstriert.

Aber was geschah danach? Für etwa 200 Jahre so gut wie nichts. Aber danach begannen zunächst Botaniker, dann Zoologen und schließlich Humanphysiologen, die zirkadianen Rhythmen wieder zu untersuchen.​1​

Nun, wie funktioniert der zirkadiane Rhythmus für Dich und Deinen Körper?

Entdeckung beim Menschen

Wie wurde der zirkadiane Rhythmus in unserem Körper entdeckt

Der nächste große Sprung in der Geschichte des zirkadianen Rhythmus war die Entdeckung in unserem Körper. In Deinem und meinem. Und zwar durch ein Experiment, an dem Menschen und ein Bunker beteiligt waren.

Anfang der 1960er Jahre waren die deutschen Wissenschaftler Jürgen von Aschoff und Rütger Wever entschlossen herauszufinden, ob wir Menschen auch einen zirkadianen Rhythmus haben.​5​ Damals wurde der zirkadiane Rhythmus schon für viele Pflanzen und Tiere nachgewiesen. Aber noch nicht für uns Menschen. Noch nicht für Dich und mich.

Wenn Du die Chance hättest, ein solches Experiment zu entwerfen, wie würdest Du es durchführen? Nun, wir bräuchten freiwillige Menschen dafür, aber in welcher Umgebung? Wüsstest Du, welche äußeren Einflüsse Du eliminieren müsstest?

Damals wussten von Aschoff und seine Kollegen noch nicht, welche äußeren Einflüsse wir als Zeitgeber nutzen. Also versuchten sie, ein Umfeld zu schaffen, das so gut wie alle äußeren Einflüsse ausschließt.

Für ihre Studien bauten sie zwei Wohnungen im „Andechs Bunker“. Ohne Fenster. Völlig schalldicht. Gegen jegliche Erschütterungen abgeschirmt. Und sogar mit einem Metallkäfig ausgestattet, um das elektromagnetische Feld der Erde stabil zu halten. Man kann mit Sicherheit sagen, dass sie probiert haben alle äußeren Einflüsse auszuschließen.

In den nächsten zweieinhalb Jahrzehnten lebten etwa 400 Teilnehmer freiwillig in ihrem Bunker. Einer nach dem anderen in jeder der beiden Wohnungen. In völliger Isolation. Jeweils zwischen einer Woche bis zu mehreren Wochen.

Was haben von Aschoff und seine Kollegen gefunden? Nun, für uns heute keine Überraschung: Wir Menschen werden von einer inneren Uhr gesteuert, die unseren zirkadianen Rhythmus erzeugt. Aber es gibt noch mehr. Folgendes ist bei den Teilnehmern passiert:

  1. Ihre internen Tage in der Isolation waren nicht exakt vierundzwanzig Stunden lang: Für die meisten waren ihre internen Tage länger, nur für eine kleine Anzahl waren sie etwas kürzer.
  2. Ihre Körpertemperatur, Hormone, Elektrolyte und kognitive Leistung stiegen und fielen synchron (bei den meisten von ihnen).
  3. Sie gingen normalerweise schlafen, wenn ihre Körpertemperatur auf dem niedrigsten Tagespunkt war (im wirklichen Leben erreicht unsere Körpertemperatur ihren niedrigsten Punkt erst nach etwa der Hälfte des Schlafs).
  4. Ihre Wahrnehmung, wie schnell oder langsam die Zeit verging, hing von der Länge ihrer Tage ab: Bei denjenigen mit einem längeren zirkadianen Rhythmus wurde die Zeit als langsamer und bei denjenigen mit einem kürzeren zirkadianen Rhythmus als schneller verlaufend empfunden.
  5. Aber ihr Tagesablauf verlief fast normal in der gewohnten Struktur: Sie waren im Durchschnitt zwei Drittel ihrer Zeit wach und schliefen ein Drittel ihrer Zeit.

Ok, fassen wir kurz zusammen. Du hast einen inneren Rhythmus, der ungefähr („circa“) vierundzwanzig Stunden („dies“) lang ist. Viele Funktionen in Deinem Körper verändern sich basierend auf diesem zirkadianen Rhythmus.

So weit, so gut. Aber willst Du etwas Verrücktes von diesem Experiment hören? Für einige Teilnehmer (weniger als ein Drittel) war die extremste Tageslänge doppelt so lang wie ein normaler Tag. Und zwar bis zu fünfzig Stunden lang! Diese Teilnehmer haben jedoch nie etwas Ungewöhnliches bemerkt. Sie aßen genauso oft wie an einem normalen Tag und gingen an diesen besonders langen Tagen auch gleich oft zur Toilette. Und sie schätzten die Zeit, in der eine Stunde verging, etwa doppelt so lange ein – was mit ihrer subjektiven Tageslänge korrelierte. Es war, als ob ihr Leben in Zeitlupe vorbeiging. Verrückt, nicht wahr?

Zurück zu Dir. Fragst Du Dich auch, wie sich das auf Dein reales Leben übertragen lässt? Schließlich leben wir alle einen 24-Stunden-Tag. Egal, wie lange unsere zirkadianen Rhythmen in einem Experiment auch immer sein mögen. Unsere externen Tage sind immer vierundzwanzig Stunden lang.

Zeitgeber

Welche externen Faktoren beeinflussen Deinen zirkadianen Rhythmus

Vielleicht fragst Du Dich, warum wir uns im Laufe der Evolution nicht mit einer internen Uhr weiterentwickelt haben, die eine Tageslänge von exakt vierundzwanzig Stunden hat. Die Antwort ist, dass Deine interne Uhr von externen Faktoren abhängt, die sie beeinflussen und auf die externe Zeit ausrichten. Diese werden als Zeitgeber bezeichnet (ein von von Aschoff eingeführtes Wort, das auch im Englischen als „zeitgeber“ übersetzt wird).

In der Natur hat jede Umgebung zyklische und vorhersehbare Faktoren, die Dein Körper zur Ausrichtung Deiner inneren Uhr nutzen kann. Und in unserem täglichen Zyklus gibt es zwei zyklische Veränderungen, die Dein Körper vorhersagen kann:​1​

  1. Dunkel und hell
  2. Kalt und warm

Dies ist das letzte Puzzleteil, um Deinen zirkadianen Rhythmus zu verstehen. Aber was denkst Du, welche zyklischen Veränderungen könnte Dein Körper als Zeitgeber benutzen? Ja! Entweder die Tageszyklen vom Licht oder von der Temperatur. Und die richtige Antwort ist…

Deine innere Uhr wird hauptsächlich durch Licht beeinflusst. Licht hilft Ihrem Körper, Deine  innere Uhr an Deinen externen Tag anzupassen. Dein Körper passt Deine innere Zeit an die so genannte „Sonnenzeit“ an.​6​ Licht ist Dein Hauptzeitgeber (Wenn von Aschoff und Wever nur diese Information hätten, bevor sie ihre Bunkerexperimente durchgeführt hatten!).

Und für diese Aufgabe haben wir spezielle Lichtrezeptoren in unseren Augen (Melanopsin genannt). Diese helfen, Licht als Zeitgeber zu übersetzen, so dass Dein Körper Deine innere Zeit an Deiner externen Zeit ausrichten kann. Der seltsame Teil? Diese Lichtrezeptoren helfen Dir nicht beim Sehen. Sie nehmen nur wahr, ob es Nacht oder Tag ist. Oder irgendetwas dazwischen.​7​

Jetzt, wo diese Lichtrezeptoren erkannt haben, welche Tageszeit es ist, was kommt als nächstes? Sie senden diese Information an einen kleinen Teil Deines Gehirns (dem sogenannten SCN), der Deine zentrale innere Uhr ist. Und Deine zentrale innere Uhr reguliert viele Funktionen Deines Körpers. Sie hilft Dir, die richtigen Körperfunktionen zur richtigen Zeit zu tun.

Finde alles über dieses Phänomen in dem Artikel “Wie funktioniert Dein zirkadianer Rhythmus” heraus.

Aber was bedeutet es für Deinen Körper, die richtigen Körperfunktionen zur richtigen Zeit zu tun?

Leben im Einklang

Was bedeutet es, im Einklang mit Deinem zirkadianen Rhythmus zu leben

Jede biologische Funktion Deines Körpers hat ihr spezifisches Timing. Und Dein zentraler zirkadianer Rhythmus optimiert diese. Dein zirkadianer Rhythmus reguliert Deine Physiologie, Deine kognitiven Funktionen und alle Deine Hauptsysteme, wie Deine Blut- und Immunfunktion, Dein Gefäßsystem und Deinen Stoffwechsel.​1​

Ok, das war ein erster Überblick darüber, was der zirkadiane Rhythmus reguliert. Aber warum macht er das alles? Hier ist, was Satchin Panda, ein weiterer führender Chronobiologe, dazu zu sagen hat:​8​

„Zirkadiane Rhythmen optimieren biologische Funktionen. Jede Funktion im Körper hat eine bestimmte Zeit, weil der Körper nicht alles, was er tun muss, auf einmal erledigen kann“

Satchin Panda

In diesem Artikel „Warum ist der zirkadiane Rhythmus so wichtig für Dich“ kannst du alles dazu herausfinden was es für Dich bedeutet im Einklang mit Deinem oder gegen Deinen zirkadianen Rhythmus zu leben.

Übrigens: Früher hatten wir auch einen signifikanten ca. jährlichen Rhythmus. Sowohl das Tageslicht als auch die Umgebungstemperaturen waren stark genug, um unserem Körper zu signalisierten, welche Jahreszeit es war. Und wir hatten zum Beispiel jährlich fluktuierende Geburtenraten. Doch dann, mit Beginn der Industrialisierung, haben wir von der Arbeit draußen im Freien nach drinnen gewechselt. Und wenn wir drinnen sind, schützen wir uns vor jahreszeitlichen Schwankungen des Tageslichts und der Umgebungstemperatur. In der Folge ist dieser ca. jährliche Rhythmus schwächer geworden als je zuvor.​9​

Persönliche Erfahrungen

Meine persönlichen Erfahrungen

Eine der direktesten Formen zu erleben, was kurzfristig passiert wenn wir gegen unseren zirkadianen Rhythmus leben, kommt in Form des Jetlags. Und eine der schönsten Formen eines zirkadianen Rhythmus kommt in Form von winzigen biolumineszenten Einzellern, die nachts im Wasser leuchten. Schauen wir uns beides an.

Jetlag

Mein einseitiger Jetlag

Wenn ich in einer anderen Zeitzone lande, gibt es zwei Zeiten die mein Körper koordinieren muss. Die eine ist die externe, lokale Tageszeit. Und die andere ist meine interne Zeit, basierend auf der Ortszeit, von der ich komme.

Aber ich habe etwas Seltsames bemerkt. Ich habe keine Probleme, mich an eine neue Ortszeit zu gewöhnen, wenn ich in den Westen fliege. Aber die Anpassung an die neue Ortszeit nach einem Flug in den Osten ist für mich schwierig. Egal, wie sehr ich mich im Vorfeld versuche mich darauf vorzubereiten.

Warum fällt es mir schwerer meine innere Zeit anzupassen, wenn ich in den Osten fliege? Das liegt daran, dass ich in der Regel ein späterer Cronotyp (Abendmensch) bin. Und ich habe gelernt, dass dies bedeutet, dass mein zirkadianer Rhythmus länger als vierundzwanzig Stunden ist. Genau wie für die meisten von uns und wahrscheinlich auch genau wie für Dich.​5,10​ Und wenn ich in den Westen fliege, wird der äußere Tag für mich relativ länger. Das fällt mir leichter, weil es eher meinem länger als vierundzwanzigstündigen zirkadianen Rhythmus entspricht. Und wenn ich in den Osten fliege, ist es das Gegenteil.

Sagen wir, ich fliege über drei Zeitzonen in den Westen:

  • Bei der Landung um 12 Uhr Ortszeit denkt mein Körper, dass es bereits 15 Uhr ist. Das fügt meinem Tag drei zusätzliche Stunden hinzu (oder so viele Stunden, wie ich Zeitzonen durchquert habe).
  • Mit dem Sonnenlicht als Zeitgeber (der äußere Einfluss, um meine innere zirkadiane Uhr auszurichten), bekommt mein Körper Signale, sich an einen längeren Tag anzupassen.
  • Da ich eher ein Abendmensch bin, begrüße ich diese zeitliche Veränderung.
  • Meine internen Tage sind länger als vierundzwanzig Stunden, so dass diese Anpassung zu meinem Vorteil ist.
  • Ich gehe also entsprechend meiner internen Zeit spät zu Bett, aber etwas früher als normal nach der Ortszeit.
  • Und am nächsten Morgen? Jetzt bin ich normalerweise viel früher als sonst hellwach. Und ich fühle mich auch auf einmal wie ein extremer Morgenmensch.

Aber wenn ich in den Osten fliege? Ok, dasselbe Szenario, nur umgekehrt:

  • Bei der Landung um 12 Uhr Ortszeit denkt mein Körper jetzt, dass es erst 9 Uhr morgens ist. Das nimmt mir drei Stunden meines Tages (oder so viele Stunden, wie ich Zeitzonen durchquert habe).
  • Ich bin immer noch eher ein Abendmensch und schätze es nicht, dass mein Tag jetzt zu kurz ist.
  • Meine interne Zeit ist länger als vierundzwanzig Stunden, und das macht es für mich noch schwieriger, zu einer angemessenen Ortszeit einzuschlafen.
  • Meistens schaffe ich es erst viel zu spät einzuschlafen.
  • Und auch an meinem nächsten Tag ist meine innere Uhr noch nicht an die externe Zeit angepasst.
  • Das bedeutet normalerweise, dass ich zu Zeiten essen muss, in denen ich nicht hungrig bin und mein Körper auch nicht darauf vorbereitet ist. Dasselbe gilt für meinen Schlaf.
  • Und meine allgemeine Leistungsfähigkeit während des Tages ist schlechter als normal.

Meine Lösung? Die strategische Nutzung von Tageslicht. Und zwar von viel Tageslicht. Erinnerst Du dich, dass Licht Dein Hauptzeitgeber ist? Das bedeutet, dass dies Dein wichtigster externer Faktor ist, damit sich Dein Körper an die externe Zeit anpassen kann. Für mich bedeutet das, dass ich so lange wie möglich und so früh wie möglich in die Sonne hinausgehe. Je stärker dieses Licht ist, desto stärker ist es ein Signal für meinen Körper, sich an die neue lokale Tageszeit anzupassen.

Übrigens wäre dies für Dich umgekehrt, wenn Du einen internen Tag hast, der kürzer als vierundzwanzig Stunden ist. Also im Grunde, wenn Du eher ein Morgenmensch bist.

„Die Verwendung von hellem natürlichem Licht hat mir geholfen, meinen zirkadianen Rhythmus mit der äußeren Zeit in Einklang zu bringen. Eines der ersten Dinge, die mir auffielen, war, dass ich abends viel leichter einschlafen konnte. Und dass ich morgens frisch und voller Energie aufwache und bereit bin, den Tag zu beginnen. Also muss sich auch meine Schlafqualität verbessert haben.“

Dennis Kamprad

Leider kann ich nicht sagen, dass ich keinen Jetlag mehr erlebe. Aber seit ich den Trick mit viel hellen Tageslicht verwende, haben sich meine Jetlag Probleme minimiert. Deutlich minimiert. Und ich kann mich viel schneller an eine neue Ortszeit anpassen.

Leuchtende Einzellen

Die biolumineszierenden Einzellen

Hast Du schon einmal von biolumineszierenden Meeresalgen gehört? Solche, die sich selbst erleuchten können. Die, die es so aussehen lassen, als würde das Meer nachts glitzern? Und die übrigens nur aus einer einzigen Zelle bestehen?!

Als ich solche selbstleuchtenden Algen im Urlaub in Vieques, Puerto Rico, gesehen habe, hatte ich das Gefühl, dass sie eine Lichtshow nur für mich veranstalteten. Und es war zauberhaft. Während ich immer noch gerne glauben würde, dass diese Einzeller ihre Lichtschow nur für mich aufgeführt haben, wird ihre nächtliche Reise tatsächlich von ihren zirkadianen Rhythmen angetrieben. Und auch das fühlt sich irgendwie magisch an. Für eine einzelne Zelle.

Was passiert mit diesen Meeresalgen (Trivia: diese heißen heute Lingulodinium polyedrum, früher aber Gonyaulax polyedra)? Sie stehen täglich vor einem Dilemma:​11​

  • Sie brauchen Energie, die sie durch Photosynthese von der Sonne erhalten können. Aber nur, wenn sie nahe an der Wasseroberfläche bleiben.
  • Und sie brauchen Nährstoffe, die sie aus der Tiefe des Meeres beziehen. Zu weit von der Oberfläche entfernt, um die Sonne zur Energiegewinnung zu nutzen.
  • Ihre Lösung? Sie haben eine interne Uhr entwickelt, die sie täglich auf eine Reise gehen lässt. In Richtung Meeresboden, kurz bevor die Sonne untergeht, um Nährstoffe zu bekommen. Und in Richtung Wasseroberfläche, kurz bevor die Sonne wieder aufgeht. Alles auf der Grundlage ihres zirkadianen Rhythmus. Alles als Einzeller.

Und nun zum magischen Teil. Als ich sie in flacheren Gewässern sah, sah ich sie auf ihrer nächtlichen Reise zwischen Energie und Nährstoffen.

Um diese Reise zu machen, müssen sie zusammenhalten. Wie ein Teppich. Und wenn sie mit etwas in Berührung kommen, erleuchten sie. Dank ihres zirkadianen Rhythmus gingen sie also auf ihre nächtliche Reise. Und ich konnte einen beleuchteten Teppich sehen, der sich über Teile des Meeres gespannt hat.

Erkenntnisse

Die wichtigsten Erkenntnisse

Zum Schluss möchte nochmals die fünf wichtigsten Erkenntnisse mit Dir teilen:

  1. Dein Körper wird von Deiner inneren biologischen Uhr gesteuert. Diese Uhr produziert jedoch keinen Tag, der genau vierundzwanzig Stunden lang ist. Für die meisten Menschen ist er länger.
  2. Deshalb wird Dein Tagesrhythmus als zirkadianer Rhythmus bezeichnet. Und das ist auch der Grund, warum Du Deine innere biologische Uhr mit der externen Ortszeit in Einklang bringen musst.
  3. Der größte externe Faktor, um Deine innere biologische Uhr – und damit Deinen zirkadianen Rhythmus – auszurichten, ist Licht. Insbesondere natürliches Licht. Und Du brauchst viel davon, besonders während der ersten Tageshälfte.
  4. Du fühlst dich am besten, wenn Du im Einklang mit Deinem zirkadianen Rhythmus bist. Dies wirkt sich auf Dein tägliches Energieniveau, Deine kognitive und körperliche Leistungsfähigkeit und Deine Gesundheit aus. Und auch auf alles andere.
  5. Du schränkst Dein Potenzial in allen Bereichen Deines Lebens ein, wenn Du gegen Deinen zirkadianen Rhythmus lebst. Und Du machst Deinen Körper anfälliger für eine Reihe von Gesundheitsproblemen, einschließlich chronischer Krankheiten.

Und nun zurück zu Dir: Wenn Du über Deinen typischen Tag nachdenkst, lebst Du bereits im Einklang mit Deinem zirkadianen Rhythmus? Wenn ja, was hat Dir auf dem Weg dorthin geholfen? Wenn nein, was würdest Du ändern?

Bleib fit,





PS: Wenn Du diese Informationen hilfreich findest, dann teile sie mit denjenigen, die am meisten davon profitieren würden 🙂

Referenzen

Referenzen

  1. 1.
    Roenneberg T. Internal Time. Harvard University Press; 2012.
  2. 2.
    Halberg F. Physiologic 24-hour periodicity; general and procedural considerations with reference to the adrenal cycle. Int Z Vitaminforsch Beih. 1959;10:225-296.
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    Von Aschoff J, Wever R. Spontanperiodik des Menschen bei Ausschluß aller Zeitgeber. Naturwissenschaften. August 1962:337-342. doi:10.1007/bf01185109
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    Panda S. The Circadian Code. Rodale Books; 2018.
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